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Vive o 2004! – Live-Erlebnis Europameisterschafts-Endrunde, Portugal 2004

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Die Umsetzung einer schon vor langer Zeit geborenen Idee – ein (erstes) internationales Turnier zu besuchen, begann Mitte 2003 mit der Buchung zweier Tickets ins Blaue hinein (Spielort Faro-Loulé). Erst im Herbst des gleichen Jahres – nach Abschluss der Quali – wurden die Teams dazugelost: Spanien vs. Russland! Der Urlaub an der Algarve war schnell gebucht, die Zeit wie immer schnell heran. Noch vor Antritt der Reise entschied man sich, die nicht ausverkauften Spiele näher zu betrachten und buchte als zweites Live-Erlebnis Schweden vs. Bulgarien (Lissabon). Angekommen in Albufera fanden wir uns inmitten von zahllosen Inselaffen und Orangies wieder. Während die Engländer jedes Jahr in Scharen Urlaub an Portugals Atlantikküste verbringen, zog es die Holländer zum Trainingscamp ihrer Mannschaft im gleichen Ort. Das von uns kurzfristig gebuchte Spiel bereitete uns ein wenig Sorgen, nach der Bestellung im Internet erhielt ich einen Ausdruck auf dem mir in Englisch und Portugiesisch mitgeteilt wurde, dass die (bereits bezahlten) Karten bis spätestens einen Tag vor dem Spiel am Spielort abzuholen seien!? Telefonisch war nur ein Tonband erreichbar und so blieben nur zwei Lösungen: 1. ein UEFA-Büro an der Allgarve (wo auch immer), 2. eine extra-Tour in die ca. 280 km entfernte Hauptstadt. Wir gingen entsprechend der Nummerierung vor… Mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichten wir irgendwann Faro, konnten jedoch kein UEFA-Büro entdecken (lediglich ein Fan-Center, welches später im Blickpunkt der Al-Kaida zu stehen schien). Per Bahn ging es nach einer Runde „Super Bock“ (wg. langer Wartezeit) zum Stadion. Dort gab es tatsächlich ein besagtes Büro, jedoch keine kompetenten Ansprechpartner. Nachdem unser Internetausdruck bestaunt wurde, ging man dazu über, uns diesen (auf Englisch) vorzulesen… Vielen Dank für diese Info! Wir kannten nun wenigstens die örtlichen Gegebenheiten des „Estádio Algarve“ und machten uns via Zug, Fußmarsch und Taxi zurück ins Hotel (zwischendurch hatten wir wieder Aufenthalt…).

Am Tag des ersten Spieles übernahmen wir unseren Mietwagen (versprochen war ein Punto, dieser wurde wohl zu heiß gewaschen, so dass ein Micra vor der Türe stand) und setzten zum Trainingscamp von Tante Käte über (Almancil). Die Deutschen, die etwa zur selben Zeit wie wir in Faro gelandet waren, ließen sich wieder nicht blicken, so halfen wir beim richtigen Gelingen der täglichen Pressekonferenz (wiesen Medienvertretern den Weg zum Medienzentrum), schossen ein Bild vom Hotel und verließen unverrichteter Dinge den Ort des Geschehens. Einer Tour durchs Hinterland sowie der abendlichen Stärkung, folgte die Anfahrt zum Stadion.

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Die Quälereien der Parkplatzsuche, welche schier endlos schien, umgingen wir durch unsere erworbene Ortskenntnis und parkten einfach am scheinbar ungenutzten Bahnhof – besser bewacht konnte unser Micra an keinem Ort der Algarve stehen… Tausende singende Spanier und tanzende Russen sowie Fans zahlloser Nationen warteten gespannt auf das große Match. Die Versorgung im Stadion war erbärmlich organisiert (alkoholfreies Bier, alkoholfreies Bier light und NEUN weitere Getränke sowie zahlreiche Snacks wurden angeboten, mussten teilweise aus Flaschen in Becher umgefüllt werden…) Jedenfalls verpassten wir die Nationalhymnen und waren stinksauer. Von unserem Platz vertrieben wir zunächst zwei Engländer (hatten sich im Block geirrt, suchten den Fehler jedoch zuerst bei uns), ehe Urs Meier (Schweiz) das Match vor 28.182 Zuschauern (ausverk.) anpfiff. Zum tollen Spiel nur so viel als Erinnerung an die Fernsehbilder: Spanien war eine halbe Stunde souverän aber torlos, die Russen hielten dagegen, kamen aber über ein-zwei wirkliche Torchancen nicht hinaus und verloren durch das 1:0 vom gerade eingewechselten Juan Carlos Valeron (60.). Immer wieder hallte „Viva Epania“ (die Spanier können scheinbar kein „s“ sprechen) durch die Nacht. Unter dem tollen Eindruck des Abends begaben wir uns auf den Rückzug, der aufgrund unseres Top-Parkplatzes absolut problemlos vonstatten ging. Rund ums Stadion herrschte eine beruhigend friedliche Atmosphäre.

Für den nächsten Tag stand Variante 2, d.h. die Abholung unserer Tickets in Lissabon auf der Tagesordnung. Die Mautpflichtige Autobahn (wenn man ein Ticket zieht und zahlt, kommt man je Strecke auf ca. 16 € zzgl. 1,95 für die Nutzung Europas längster Brücke „Ponte Vasco da Gama“ – 17 km über den Rio Tejo) ist Baustellenfrei (!) jedoch auf 120 km/h beschränkt (was zum Glück keinen auch nur annähernd interessierte). Aufgrund des am selben Tage stattfindenden Spieles Frankreich vs. England war jedoch sehr viel Verkehr. Angekommen im Expo-Gelände, ging es in die U-Bahn zum „Estádio José de Alvalade“. Die Tickets lagen bereit und so konnten wir in aller Ruhe die Katakomben des neu erbauten Kessels besichtigen (ähnlich den Promenaden in Leipzigs Hauptbahnhof, ergänzt durch ein Kino und zahllose Fanshops vom Hausherren Sporting Lissabon). Natürlich statten wir auch dem „Estádio da Luz“ (Benfica) einen Besuch ab. Dieses war verständlicherweise weiträumig abgesperrt und bereits durch englische und französische Fans in Beschlag genommen (auch hier friedlich-freundliche Stimmung). Das besagte Spiel des Tages verfolgten wir bereits wieder in Albufera in einer Kneipenstraße, die wieder einmal fest in englischer Hand war. Das diese nach 1:0-Führung durch Lampard, einem verschossenen Beckham-Elfer und zwei Toren von Zidane in den Schlussminuten noch verloren, wurde überraschend nüchtern aufgenommen und so stand einem tollen (friedlichen) Abend nichts im Wege.

Am nächsten Morgen gewohnter Ablauf: nach dem Frühstück rein in den Micra und auf nach Lissabon – diesmal jedoch freie Fahrt für freie Bürger – soll heißen keine Engländer unterwegs. Einem ausgiebigen Sightseeing in „Lisboa“ – welches an diesem Tage überwiegend in gelb-blau gehüllt erschien, ging es am Abend erneut ans Avalade-Stadion. Die UEFA-Beauftragten ließen tausende Fans bei brechender Hitze vor dem Stadion ausharren, während alle Bars und Kneipen ums Stadion überfüllt waren, weil jeder Fußballbegeisterte natürlich auch das andere Gruppenspiel (Dänemark vs. Italien) sehen wollte. Irgendwann durfte man dann doch hinein und konnte wenigstens die zweite Halbzeit im Stadion per Videoleinwand sehen. Das gewohntes Theater am Imbisstand umgingen wir, da nur sehr wenige Fans zwei Stunden vor dem Spiel im Stadion waren. Die Katakomben des Stadions waren im übrigen geschlossen, so dass ein unwissender Fan nicht erfuhr, was noch im Kessel steckt. Zum Spiel nur so viel: 31.652 Zuschauer (rein gepasst hätten 52.000, Karten wurden jedoch keine mehr verkauft!) sahen zunächst ebenbärtige Bulgaren, die jedoch den besser werdenden Schweden mit laufender Spielzeit nicht mehr das Wasser reichen konnten. U. a. zwei Tore von Larsson (57.,58.) und ein Elfer von Ibrahimovic (78.) führten zum 5:0-Kantersieg der Skandinavier, was in der Gruppe C bereits richtungweisend sein sollte. Wieder hatten wir ein friedliches Fußballfest gesehen und begaben uns zusammen mit 30.000 anderen Fans in den Untergrund der Metropole… Angekommen in Albufera fielen wir erschöpft in die Matratzen.

Am Morgen sahen wir im englischen TV bekannte Bilder „unserer“ Kneipenstraße, die in der Nacht durch ca. 200 randalierende Briten verwüstet wurde. Tatsächlich berichteten andere Urlauber, welche in der Nacht ein paar Minuten nach uns die Stadt erreicht hatten, dass sie nicht bis zum Hotel fahren konnten, da alle Zuwege aus Sicherheitsgründen abgeriegelt waren. Es war der Tag, an dem „Uns-Rudi“ in Porto in das Turnier startete. Im Hotel outeten sich nun die Deutschen – wir hatten zuvor teilweise gedacht mit ein paar Rentners die einzigen anwesenden Deutschen zu sein – schwer getäuscht! Am Abend zogen wir es vor, das Spiel auf einer Leinwand im Hotel (zusammen mit einer Horde All-Inclusiv-(3,8-Promille)-Holländer, ein paar mit Holland sympatisierenden Engländern sowie einigen Deutschen). Schnell wurde eine Tipprunde mit Jackpot eröffnet und dem 1:0 durch Frings folgte bekanntlich das 1:1 durch van Nistelrooy. Die Stimmung war gut und wir fanden es angebracht doch noch einen Abstecher in die Kneipenstraße zu unternehmen. Dort tantzen die Engländer bereits wieder auf dem Asphalt, nur wenige nahmen uns zur Kenntnis, waren wir doch die einzigen anwesenden Deutschen, die sich in den Nationalfarben zeigten – was im übrigen keine Feststellung von uns, sondern eine Aussage eines Zeitzeugen deutsch-portugiesischer Herkunft war. Wir nahen noch zwei-drei Blonde ehe wir es als sicherer empfanden, den Rückzug anzutreten. Einige Engländer hatten uns zuvor bereits sehr kritische Blicke zugeworfen und Ihre Statements gingen allmählich weit über das übliche „five to one“ hinaus. Während wir uns zumeist gut mit den Briten unterhalten konnten, wurde die Stimmung nun brenzliger. Und kaum waren wir einige hundert Meter entfernt, leuchteten die Zufahrtsstraßen in Blau… Am Morgen war im TV von 400 randalierenden Engländern, einem zweistündigen Polizeieinsatz und zahlreichen Festnahmen die Rede. Mal wieder Glück gehabt!

Doch leider war der Kurzurlaub für uns nun auch beendet, am Vormittag noch einmal von den Wellen des Atlantik getragen, mussten wir das zweite EM-Spiel dieses Tages bereits wieder im eigenen TV anschauen. Es bleibt die die totale Begeisterung und Vorfreude auf die zweite Profi-Saison der Auer sowie die bevorstehende WM 2006 im eigenen Land (auch wenn ich ehrlich gesagt ganz stark bezweifle, das die tolle Stimmung in Portugal auch nur annähernd auf Deutschland übertragen werden könnte). In der Hoffnung, dass die Vergabe der Tickets irgendwann wieder etwas Fanfreundlicher gestaltet wird…

Glück Auf – Alex und Kay